Glossar

A

Akteur*innen der Antidiskriminierungsberatung

Es gibt viele Beratungsstellen für Personen, die Diskriminierung erfahren haben. Dazu zählen nicht nur die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) und die Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS), sondern auch viele Vereine, die auf die Beratung bestimmter benachteiligten Gruppen spezialisiert sind. Ihre Beratungsprinzipien sind Vertraulichkeit, Parteilichkeit und Unabhängigkeit.
Die Berliner Fachstelle „Fair mieten – Fair wohnen“ bietet Beratung an für Personen, die von Diskriminierung im Bereich des Wohnens betroffen sind:
https://fairmieten-fairwohnen.de/beratung-begleitung/beratungsangebot

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) trat am 18. August 2006 in Kraft. Das AGG baut auf vier Richtlinien der Europäischen Union (EU) auf, die als Richtschnur für die Stärkung des Diskriminierungsschutzes auf nationaler Ebene der EU Mitgliedsstaaten gelten. Das AGG untersagt Diskriminierung im privatrechtlichen Rechtsverkehr. Dies betrifft auch den Bereich Wohnen. Im §1 AGG wird das Ziel des Gesetzes formuliert: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der „Rasse“ oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ [1]

Auf dem Wohnungsmarkt benachteiligte Gruppen

Grundsätzlich kann Diskriminierung jeden treffen! Auf dem Wohnungsmarkt betrifft sie am häufigsten Migrant*innen vielfältiger Herkunft und unterschiedlicher Bildungs- und Einkommensgruppen. Sie betrifft auch Alleinerziehende und Großfamilien mit geringem Einkommen, ältere Menschen (insbesondere ältere Frauen), schwule und lesbische Menschen und Transpersonen. Auch Menschen in besonderer sozialer Lage, wie benachteiligte Jugendliche, psychisch belastete Menschen, Menschen mit Behinderung, Strafentlassene und Menschen in Wohnungsnot sowie Obdachlose erfahren Diskriminierung.

Handlungsbedarf entsteht in Berlin aktuell insbesondere durch den Wohnraummangel: Er erhöht die Konkurrenz von Personen mit mittlerem und niedrigem Einkommen um bezahlbaren Wohnraum. [3]

D

Diskriminierungsmerkmale

Unter Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes versteht man Benachteiligung aufgrund von Zuschreibungen bezüglich eines oder mehrerer Merkmale. Dies sind die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und im Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) festgeschriebene Merkmale.
Im AGG sind dies:

  • die (zugeschriebenen) ethnische Herkunft,
  • rassistische Zuschreibungen,
  • die Religion und Weltanschauung,
  • Diskriminierung aufgrund des Geschlechts,
  • die sexuelle Identität,
  • eine Behinderung,
  • sowie das Alter.

Darüber hinaus hat das Berliner LADG einen im Vergleich zum AGG erweiterten Merkmalskatalog. Die vom LADG genannten Diskriminierungsmerkmale sind:

  • die ethnische Herkunft und rassistische Zuschreibung,
  • antisemitische Zuschreibung,
  • die Sprache,
  • die Religion und Weltanschauung,
  • eine Behinderung und chronischen Erkrankung,
  • das Lebensalter,
  • das Geschlecht
  • die sexuelle Identität,
  • die geschlechtliche Identität sowie
  • der soziale Status.

Diskriminierungs- und vorurteilsarmes Handeln

Diskriminierungs- und vorurteilsarmes Handeln hat zum Ziel, Diskriminierung auf allen Ebenen – mittelbar und strukturell — entgegenzutreten. Diskriminierung kann jedoch nicht durch das Verhalten einzelner Personen vollständig verhindert werden, sondern braucht ein umfassendes gesellschaftliches Engagement. Ein vollständig diskriminierungsfreies Miteinander ist dabei das Ziel, mit der Formulierung „diskriminierungs- und vorurteilsarm“ wird jedoch darauf hingewiesen, dass Diskriminierung in unserer Gesellschaft nicht kurzfristig überwunden werden kann.

E

Exklusion

Exklusion meint den Ausschluss bestimmter Gruppen aus gesellschaftlicher Teilhabe. Zur Diskriminierung führt, dass benachteiligten Gruppen einzelne oder mehrere Merkmale zugeschrieben werden. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht in dem Zugang zu Ressourcen, Chancengleichheit und Partizipation im Verhältnis zu Personen, die nicht diesen Gruppen zugeordnet werden. Ein Gegenentwurf dazu ist die Inklusion.


Mehr dazu finden Sie auf der Webseite von der Bundeszentrale für politische Bildung:

https://www.bpb.de/veranstaltungen/dokumentation/13-bundeskongress-politische-bildung-ungleichheiten-in-der-demokratie/197541/sektion-4-exklusion-und-inklusion

G

Gleichbehandlung im Mietverhältnis

Gleichbehandlung im Mietverhältnis bedeutet, dass bei der Wohnungsbewerbung, Vergabe, Vermietung und Verwaltung von Wohnraum alle Mieter*innen gleichbehandelt werden müssen – unabhängig von der vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Dazu gehört auch, dafür Sorge zu tragen, dass benachteiligte Gruppen keiner Diskriminierung durch die Nachbarschaft ausgesetzt werden.

I

Indirekte diskriminierung

Indirekte Diskriminierung bedeutet, dass durch vermeintlich neutrale Regeln, Satzungen und Vorschriften bestimmte Gruppen benachteiligt werden. Ein Beispiel dafür aus dem Bereich Wohnen ist die fälschliche Annahme, dass § 7 Wohnungsaufsichtsgesetz erfordere, dass pro Person ein Zimmer als Mindestraumanspruch zur Verfügung stehen muss. Tatsächlich bezieht sich die Regelung lediglich auf eine Mindestwohnfläche und nicht auf die Zimmerzahl. Die falsche Auslegung dieser Regelung führt dazu, dass Großfamilien auf dem Wohnungsmarkt weniger Chancen haben, eine Wohnung zu finden.

L

Landesantidiskriminierungsgesetz

Das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) ist am 20.06.2020 in Kraft getreten. Es ermöglicht Personen, die Diskriminierung durch öffentlich-rechtliches Handeln im Land Berlin erfahren haben, dagegen vorzugehen. Damit schließt das Gesetz eine Lücke im bisherigen deutschen Diskriminierungsschutz. Das LADG soll nicht nur Schutz vor individueller Diskriminierung durch staatliche Stellen gewährleisten, sondern auch vor struktureller und institutioneller Benachteiligung. Das LADG umfasst im Vergleich zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einen erweiterten Merkmalskatalog für Diskriminierung.

R

Recht auf Wohnen

Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht, das im Artikel 11 Absatz 1 des Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen (VN-Sozialpakt) und im Artikel 25 Absatz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert ist. Dies bedeutet, dass jeder Mensch das Recht auf Wohnraum hat. Ein Staat ist verpflichtet, nicht nur Wohnraum von Menschen selber zu respektieren, sondern ihn auch vor unrechtmäßigen Eingriffen Dritter zu schützen. [4]


In Deutschland ergibt sich aus dem Grundgesetz (GG) allerdings kein Anspruch an den Staat, Wohnraum zu gewährleisten. Trotzdem steht das Recht auf Wohnen im engen Zusammenhang mit der Würde des Menschen (Artikel 1 GG) sowie dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 GG und hat folglich einen wichtigen Stellenwert bei der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins. [5]


In der Berliner Verfassung ist das Recht auf angemessenen Wohnraum als Staatsziel verankert. „Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen sowie die Bildung von Wohnungseigentum.“ (Artikel 28 Absatz 1 Berliner Landesverfassung).

Rechtsprechung §19 Abs. 3 AGG

Laut §19 Absatz 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist eine Ungleichbehandlung bei Vermietung von Wohnraum zulässig, wenn damit „die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“ erstrebt wird.
Folglich wird hier Ungleichbehandlung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft erlaubt. Bei der Einführung dieser Regelung war es das Ziel des Gesetzgebers, mit dieser Vorschrift ein Zusammenleben ohne Ausgrenzung zu stärken. Aus der Sicht des europäischen Diskriminierungsschutzes stellt diese Regelung aber ein Einfallstor für Diskriminierung dar.


Deshalb muss nach allgemeiner Rechtsprechung diese Ausnahmeregelung so ausgelegt werden, dass nur positive Maßnahmen (beispielsweise Förderquoten) für Menschen mit Migrationshintergrund eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. [2]

S

Selbstbestimmtes Wohnen

Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht, dass aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte abgeleitet wird. In Deutschland wird dieses Recht in Artikel 2 Grundgesetz (GG) geschützt. Zum selbstbestimmten Leben gehört, dass alle Menschen frei entscheiden können wo, wie und mit wem sie wohnen möchten. Um dies im Bereich Wohnen zu ermöglichen, ist barrierefreier Zugang zum Wohnungsmarkt sowie eine ausreichende barrierefreie Wohnraumversorgung essenziell. Durch einen angespannten Wohnungsmarkt (wie in Berlin) wird selbstbestimmtes Wohnen regelmäßig für benachteiligte Gruppen erschwert.


Für mehr Details zu einer menschenrechtsorientierten Wohnungspolitik, siehe Positionspapier „Soziale Plattform Wohnen“ Paritätischer Gesamtverband: https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Wohnen/doc/200317_plattformpapier-wohnen.pdf


Speziell für barrierefreies Wohnen für Menschen mit Behinderungen siehe: https://www.lebenshilfe.de/informieren/wohnen/wohnen-wo-und-wie-ich-will/

Strukturelle Diskriminierung

Bei der strukturellen Diskriminierung steht vor allem eine sich aus gesellschaftlichen Strukturen wie Recht, Bildung, Politik, Ökonomie ergebende Benachteiligung bestimmter Gruppen im Vordergrund. Diese geht in der Regel auf historische Entwicklungen zurück. [7]

T

Testing

Als Testing wird eine Methode bezeichnet, die beiträgt zur Sichtbarmachung von Diskriminierung und Erbringung von belastbaren Nachweisen für diskriminierendes Verhalten im Rahmen von Auswahlprozessen auf dem Wohnungsmarkt und in anderen Lebensbereichen. Im Bereich Wohnen wird damit angestrebt, systematische Diskriminierung bei der Wohnungssuche offenzulegen, da diese in der Praxis oft nur subtil und schwer nachweisbar ist. Testings dienen der Förderung des Ziels in §1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Benachteiligung zu verhindern und zu beseitigen.

U

UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung

Die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung ist ein Übereinkommen der Vereinten Nationen, das seit dem 3. Mai 2008 in Kraft ist. Es beinhaltet neben der allgemeinen Geltung der Menschenrechte auch eine Vielzahl von Regelungen für barrierefreie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Unverletzlichkeit der Wohnung, Artikel 13 Grundgesetz (GG)

Der Anspruch auf die Unverletzlichkeit der Wohnung ergibt sich aus Artikel 13 GG. Dies bedeutet, dass jeder Mensch vor staatlichem Eingreifen in seinen Wohnraum geschützt ist. Hierbei bezieht sich die Regelung nicht nur auf Eigentum, sondern jeden geschlossen Raum in dem ein Mensch seine Privatsphäre vor der Öffentlichkeit bewahren möchte. Zum staatlichen Eingreifen gehört auch das Überwachen oder Installieren von Mikrofonen zum Abhören. Die Unverletzlichkeit der Wohnung kann nur durch verfassungskonforme Mittel eingeschränkt werden, um die öffentliche Sicherheit zu wahren, Gefahr für Einzelne abzuwehren oder einen Mord und ähnlich schwere Straftaten aufzuklären. [8]

Quellen:

[1] Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2017): Handbuch „Rechtlicher Diskriminierungsschutz“, 3. Auflage, Berlin: Nomos. 

Verfügbar auch online hier: http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Handbuch_Diskriminierungsschutz/Gesamtes_Handbuch.pdf?__blob=publicationFile

[2] Bundeszentrale für politische Bildung (2017): Gleichheit vor dem Gesetz [Online] https://www.bpb.de/izpb/254385/gleichheit-vor-dem-gesetz [11.01.2021].

[3] Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt „Fair Mieten – Fair Wohnen“ / Berliner Landeszentrale für politische Bildung / Berliner Mieterverein e.V. (2019): Wohnen in Berlin. Fragen und Antworten, Frage 21, Berlin.

Verfügbar auch online hier: https://fairmieten-fairwohnen.de/wp-content/uploads/2020/01/lpb_fmfw_wohnen-in-berlin_barrierefrei.pdf

[4] Amnesty International Deutschland e.V. (2009): Das Recht auf Wohnen [Online] https://www.amnesty.de/mit-menschenrechten-gegen-armut/wohnen-wuerde/das-recht-auf-wohnen-stoppt-rechtswidrige-zwangsraeumu [11.01.2021].

[5] Bundeszentrale für politische Bildung (2018): Ein Recht auf (menschenwürdiges) Wohnen? [Online] https://www.bpb.de/apuz/270880/ein-recht-auf-menschenwuerdiges-wohnen [11.01.2021].

[6] Droste, Christiane / Knorr-Siedow, Thomas / Dobrusskin, Janina / Domann, Valentin (2017): Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt: Interventionsmöglichkeiten in Berlin, Gutachten von UrbanPlus Droste & Partner im Auftrag der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung im Land Berlin.

Verfügbar auch online hier:  https://fairmieten-fairwohnen.de/wp-content/uploads/2021/01/UrbanPlus_LADS-Gutachten-Interventionssystem-gg-Diskriminierung-Wohnungsmarkt-2017.pdf

[7] Bundeszentrale für politische Bildung (2016): Diskriminierung/Antidiskriminierung – Begriffe und Grundlagen [Online]  https://www.bpb.de/apuz/221573/diskriminierung-antidiskriminierung-begriffe-und-grundlagen  [11.01.2021].

[8] Bundeszentrale für politische Bildung (2017): Unverletzlichkeit der Wohnung [Online]  https://www.bpb.de/izpb/254396/unverletzlichkeit-der-wohnung [11.01.2021].